Als wir vor anderthalb Jahren die Shermanjagd einführten, ahnten wir nicht, welche Begeisterung wir damit auslösen würden. Auf jeder Messe, jeder Ausstellung, auf der wir mit Saint-Aubin-Sur-Mer ausstellen, begeistern sich die Besucher schnell für das unkomplizierte Spiel. „Ach, Modelle anfassen ist hier erlaubt?“ steht anfangs auf den Gesichtern. Die Ungläubigkeit weicht schnell der Neugier und die Chance, mal eben schnell zum General einer Tank-Horde zu avancieren, verlockt so manchen Besucher zu einem schnellen Game.
Dog fight at its best
18 Shermans gegen 3 Tiger I – da fühlt sich mancheiner herausgefordert. Der eine hat Lust auf ein Spiel aus der zahlenmäßigen Überlegenheit heraus und möchte genussvoll einen leichten Sieg in dem neuen und noch unbekannten Spiel einfahren. Der andere sieht sich befleissigt, das scheinbar unmögliche zu vollbringen und mit „nur“ drei Tigern den Schörmis Einhalt zu gebieten. Die Shermanjagd polarisiert die Besucher.
Gelingt dann dem Spieler der deutschen Fraktion der Kunstgriff, ist der Spieler der alliierten Seite mehr als verblüfft. Umgekehrt genießt der US-Sofageneral manchmal auch genussvoll seinen Sieg im Spiel, wenn eben doch die „superior numbers“ gewonnen haben.
Ob mit Familie oder solo – die Riesenspielplatte zieht magisch an.
Manchmal muss man lange Arme mitgebracht haben. Die Tiefe von 180cm ist gelegentlich ein kleines Hindernis.
Das Nachdenken nimmt schon mal ein paar Minuten in Anspruch.
In den engen Gassen von Saint-Aubin-Sur-Mer will jede Bewegung gut geplant sein. Spontanes Wenden ist nicht immer möglich. Wer fährt zuerst in die Schussreichweite des Gegners ein? Wer kann den ersten Schuss abfeuern? Trügt das Augenmaß?
Das Spiel der manchmal recht ungleichen Spieler verlief sehr abwechslungsreich. Es war eine sehr kollegiale Stimmung am Spieltisch. Man half sich aus und ließ fünf auch mal grade sein. Zwischendurch gabs dann schon mal Mittagspause in der „Feldküche“. Der Koch der Pizzeria an der Halle hatte die schon recht kontrovers diskutierten Würstchen zu bieten. Dennoch machte es Spaß, sich bei Würstchen und Senf über den letzten 1-1-1-Wurf aufzuregen.
Zwei neue Spieler nahmen wir in unsere WhatsApp-Gruppe auf. Wir werden uns jetzt in Mainz und an den anderen Orten unseres bunten Treibens öfters zum Spiel treffen. Ebenfalls ein schönes Ergebnis des Events.
Schön für den Plasti und mich: Samstag und Sonntag wird von der ersten bis zur letzten Minute gespielt. Ein Vater mit Sohn musste leider unverrichteter Dinge wieder abziehen, da ein anderes Team Saint-Aubin mit Beschlag belegt hatte.
Soviel war im Rosengarten schon lange nicht mehr los. Manchmal fuhren dicht aufgerückte Fahrzeugkolonnen am städtischen Gärtchen entlang.
Shermanjagd mit Variante
Am Wochenende des 01. und 02.10.2016 haben wir mal eine Variante der Shermanjagd aufgesetzt. Wir haben jeder Seite vier Infanterietrupps á 10 Mann zusätzlich zugestanden. Während wir bisher immer dachten, dass wir das Spiel sehr einfach halten müssten und den Novizen nicht mit den Infanterieregeln belasten sollten, zeigte es sich recht schnell, dass die neuen Spieler gar nicht überfordert waren. Ganz im Gegenteil!
Die deutschen Infanterietrupps waren bestens ausgestattet:
– leichtes 75mm-Infanteriegeschütz IG 18
– schwerer 81mm-Granatwerfer
– Panzerschreck
Die Kanadier hatten da schon ein wenig das Nachsehen. Mit
– 2 Bazookas
– einem gelegentlichen Flammenwerfer
war man etwas sparsamer ausgestattet. In einem Spiel traten statt der Kanadier die britschen Fallies vom Sturmi an. Die hatten dann allerdings den obligatorischen Granatwerfer dabei – und fraßen sich dann durch die gegnerischen Linien hindurch.
Wer seine Panzer ohne infanteristische Begleitung in die Stadt entsandte, der musste bald derbe Verluste einstecken. Bei drei Tigern zählt halt jeder einzelne…
Schweres Gerät wie dieser Jagdtiger kam ins Spiel, als die Spieler ihre mitgebrachten Armeen einsetzten und die Standardarmee der Shermanjagd gar nicht erst nutzten. In diesem Fall hier mussten die britischen Fallies ganz schön keulen, bis sie den Jagdtiger zur Strecke bringen konnten. Oftmals wurde aus oberen Stockwerken mit Panzerfäusten auf die Panzer in den Straßen geschossen.
Die Versorgung mit Treibstoff war bestens organisiert.
Der Häuserkampf tobte. Zwar begegneten sich keine Truppen in den Häusern selbst, dennoch wurden die Häuser als willkommene Möglichkeit genutzt, sich dem Gegner wohl gedeckt zu nähern. Gefechte zwischen den unterschiedlichen Inhabern der oberen Stockwerken zweier Häuser gab es mehr als einmal. Quer über die Straße surrten in luftiger Höhe Granaten und MG-Garben.
Immer mit dabei: unser Maskottchen, das pinke Einhorn. So war auch für die sehr zahlreichen Mädels von 5 bis 85 immer was zum Beschmunzeln zu sehen…
Mit dem Wetter hatten wir auch Glück. Bei teils herrlichem Sonnenschein kamen sehr viele Besucher in die Ludwig-Eckes-Festhalle nach Nieder-Olm.
Nicht immer konnten die Regeln der Straßenverkehrsordnung eingehalten werden, wie hier an dieser Baustelle mitten auf der Rue Suzette.
Auf der Bocageplatte wurde erst gegen Ende des letzten Gefechts am Sonntag gespielt. Alle anderen Spieler zog es mehr in die Stadt.
Tankrider gab es mehr als nur einmal zu sehen. Auf beiden Seiten wurden die Spieler des Geschwindigkeitsvorteils beim Infanterietransport per Tank schnell gewahr.
Bei den US-Truppen hatten die 10er-Trupps natürlich mehr Transportmöglichkeiten und konnten sich bequem teils auf vier Schörmis verteilen.
Der Kampf der verbundenen Waffen zeigte sich stets als überlegene Taktik im Spiel. Der Verzicht war zumeist tödlich, vor allem für die reichweitenmäßg und feuerkraftmäßig unterlegenen US-Truppen.
Im letzten Spiel am Sonntag setzten zwei Spieler all ihre mitgebrachten Vehikel ein. Dieses Sturmi-Gedächtnis-Mörserlein war der Gipfel. Samstags auf der Messe noch gekauft, nachts zusammengedübelt, wurde der Mörser Sonntag noch ohne Schutzanstrich ins Gefecht geworfen. Rummms! Wo der hinschlug, wuchs so schnell kein Gras mehr.
Das Spiel mit den Spielerarmeen, die völlig unbeeindruckt von Punktewerten aufgestellt wurden, brachte jede Menge Laune in die Runde. Dicht an dicht drängten sich die Nasen der Zuschauer an der Platte, als die beiden Sofageneräle ihre Boliden aus den Kartons holten.
Wie man sieht, wurde aus jedem Knopfloch geschossen. Wespe und Panzerwerfer holzten raus, was ging. Die Einschläge der Salven konnte man im einige Kilometer entfernten Chateau Tailleville noch hören.
Die Wege durch die Bocagelandschaft waren eng, aber der Strom der nachgeführten Fahrzeuge wollte nicht abreissen.
Bisweilen gab es dann auf den Wegen üble Gemetzel. Panzertürme wirbelten duch die Luft, wenn die Spieler ihre Salven abfeuerten.
Kürzeste Kampfentfernungen machten den Schutz der Kampfpanzer durch Infanterie zum Must-Have.
Aber auch die Infanterie stand sich auf wenige Schritt entfernt gegenüber.
Die Parzellen der Bocage wechselten oftmals recht schnell und vor allem mehrmals den Besitzer.
Die Landstraße entlang der Stadtgrenze von Saint-Aubin-Sur-Mer glich einer einzigen Wrackhalde.
Hier ein Blick entlang der Chaussee.
Was man oft nicht vermuten würde: der Einsatz von Granatwerfern in der Innenstadt gestaltete sich teils sehr wirkungsvoll.
Von Plasti gabs bös Schelte. Dieses Mal gabs einiges an Bruch bei den Spielen. Die Ausstattung und der Zierrat ist halt eben doch nur aus recht dünnen Plastik gefertigt. Jetzt werden der Plasti und ich mal ein Restaurierungswochenende einlegen müssen, damit unser kleiner französischer Badeort wieder bis zur Tactica in Best Shape dastehen wird.
Alles in allem war diese Mainzer Messe ein Genuss. Ich selbst habe anfangs noch mitgespielt, später dann mehr den Erklärbär und Spielleiter gegeben. Aber auch das Zuschauen bei den teils recht findigen Sofagenerälen war sehr spannend. Fast wie ein Kinofilm, bei dem man aus dem Zuschauerraum mitten in die Leinwand hineinspringt.
Ihr Lieben… für heute solls mal genug sein. Wir haben in den nächsten Tagen noch genügend spannende Themen für euch auf Lager. Genießt mal die Bilder und lehnt euch gechillt zurück.
Sturmi ist passionierter Dioramen- und Modellbauer und Table-Top-Spieler. Seinen Einstieg fand er über das frühere Spielsystem "Behind-Omaha" von Samy, aktuell spielt er "Poor Bloody Infantry/PBI", "Geile Scheiße", "DBMM", "ARMATI", "SAGA" und "Bolt Action"
Was ein schöner Bericht!
Das es da ordentlich her ging, haben Stoi und ich ja schon am Samstag erlebt.
Wir wollten zwar auch mal die Würfel kreuzen, doch war ja nicht möglich.
Schön das am Sonntag auch noch mal ordentlich was los war. :-)
2 Kommentare
Was ein schöner Bericht!
Das es da ordentlich her ging, haben Stoi und ich ja schon am Samstag erlebt.
Wir wollten zwar auch mal die Würfel kreuzen, doch war ja nicht möglich.
Schön das am Sonntag auch noch mal ordentlich was los war. :-)
Ja, wir müssen die in 2017 unbedingt mehr Platten mitnehmen.