Der Lockheed F-104G „Starfighter“ ist zwar ein sehr formschönes Flugzeug, hat aber wegen seiner hohen Absturzzahlen in der ersten Phase seines Einsatzes bei Luftwaffe und Marinefliegern einen etwas zweifelhaften Ruf. Im einzig wahren Maßstab 1/72 ist die F-104 gut vertreten. Als ich vor mindestens drei Jahrzehnten eine kleine Serie bauen wollte, gab es Bausätze von Airfix, Matchbox, Hasegawa, Esci und Heller. Die Esci-Bausätze waren damals die besten, die es zu kaufen gab. Esci bot seinerzeit eine F-104A/C und eine F-104G/S an.
Der F-104C-Bausatz Nr. 9011 erlaubte den Bau von vier verschiedenen Maschinen, zwei davon in Vietnam-Tarnung. Aus dem F-104G/S-Bausatz Nr 9007 ließen sich deutsche, niederländische, belgische, spanische und italienische Maschinen bauen. Heute sind diese „Starfighter“-Bausätze von Revell und Italeri verfügbar. Sie bieten versenkte Gravuren, recht gut detaillierte Cockpits und eine etwas schmale Auswahl von Außenlasten an.
Die F-104G von Esci (Nr. 9011)
Ich entschied mich für eine F-104G „Starfighter“ des Marinefliegergeschwaders 2 aus den späten Siebziger Jahren. Allerdings nahm ich nicht die Abziehbilder aus dem Bausatz; ausgerechnet die deutschen Markierungen waren schlicht falsch – zu schlanke Balkenkreuze, falsche Schriftart bei Zahlen und Buchstaben. Da blieben dann nur noch die Bundesflagge an der Heckflosse und die Wartungshinweise übrig. Alles andere nahm ich aus einem nicht mehr erhältlichen Abziehbilderbogen von Micro Scale.
Der eigentliche Bau ist zwar schon etwas länger her, aber ich erinnere mich nicht an größere Schwierigkeiten. Allerdings klebte ich zwei Drahtschlaufen auf den Schleudersitz, um die für den Martin Baker-Sitz typischen Sprengschnüre zum Auslösen des „bang seats“ darzustellen. Weil ich auch ein paar Details hinzufügte, die jetzt kein Mensch mehr sehen kann, passte die Kanzel nicht mehr; ich klebte also dünne Plastikstreifen zu beiden Seiten des Cockpits ein, sodass die Kanzel etwas höher lag und nun der verschlimm-besserte Sitz wieder genug Platz hatte.
Bei der Bewaffnung wollte ich mich eigentlich von einer F-104G inspirieren lassen, die auf einer der damals noch in Hannover stattfindenden Internationalen Luftfahrtausstellungen zu sehen gewesen war. Sie war mit zwei „Sidewinder“-Raketen unter dem Rumpf und zwei Seeziellenkwaffen vom Typ „Kormoran“ unter den Tragflächen bewaffnet gewesen. Der Bausatz enthält vier „Sidewinder“-Raketen und den Doppelstarter für die Unterrumpf-Station. Die „Kormorane“ wollte ich aus dem MRCA „Tornado“-Bausatz von Esci nehmen, aber sie stellten sich als komplett falsch heraus. Also ließ ich die Flügelpylone leer.
Farben brachte ich mit dem Pinsel auf. Ich verwendete damals das Mittelgrau von Revell für die Oberseiten und Revell 99 Aluminium für die Unterseiten. Die orangen Flächen auf den Zusatztanks grundierte ich in Weiß, weil das Leuchtorange von Revell nicht besonders gut deckte.
Markieren mit Hindernissen
Leider hatte ich mit den Abziehbildern große Schwierigkeiten. Sowohl die Decals von Esci als auch die von Micro Scale lösten sich im Wasser auf. Leider passierte mir das lange vor der Zeit hilfreicher Lösungen wie „Liquid Decal Film“ von Super Scale. Die kann man einfach über das Abziehbild pinseln und es dann normal verarbeiten, idealerweise mit einer ’setting solution‘ von Super Scale.
In Internet-Foren konnte man damals nicht gucken. Eine Kultur kameradschaftlichen Austauschs wie heute existierte auch nicht. Ältere Modellbauer gaben ihr Fachwissen überwiegend in Form von herablassenden Bemerkungen und Naserümpfen weiter. Aber zum Glück gab es damals bei „Modell Fan“ eine Rubrik mit Tipps. Hier fand ich die Lösung. Man streicht Glanzlack über die gefährdeten Abziehbilder. Dann schneidet man sie möglichst exakt aus und löst sie ganz normal im Wasserbad vom Papier. Als nächstes klebt man sie mit Glanzlack aufs Modell. So verschwindet auch der Trägerfilm, der sonst silbern kann und dadurch das Modell verdirbt.
Das war eine Arbeit für jemanden, der etwas Unaussprechliches verbrochen hat. An einigen Stellen blieb der Trägerfilm natürlich sichtbar.
Als ich damit fertig war und mich erholt hatte, versiegelte ich alles mit eine Schicht Humbrol Glanzlack und strich dann Humbrol Matt Cote drüber. Leider führt die Pinselbemalung mit Enamel- bzw. Kunstharzfarben zu relativ dicken Farbschichten. Die Wirkung der feinen Details wird dadurch leider beeinträchtigt. Ich habe mir deswegen einige Jahre später eine Spritzpistole zugelegt.
Die F-104G „Starfighter“ bei den deutschen Marinefliegern
Die Marineflieger hatten zunächst die Armstrong Whitworth „Seahawk“ Mk. 100 und 101 geflogen. Als Ersatz wollte die Marineführung dann ihre beiden Jet-Geschwader mit der Hawker Siddeley „Buccaneer“ ausrüsten, einen zweistrahligen und zweisitzigem Bomber und Aufklärer, den die Royal Navy von ihren Flugzeugträgern aus einsetzte. Aber die Politik entschied anders, und so erhielten das MFG 1 und das MFG 2 Mitte der Sechziger Jahre die F-104G „Starfighter“. Genau wie die Luftwaffe hatte auch die Marine zunächst große Probleme mit dem hochgezüchteten Kampfflugzeug und musste eine ganze Reihe spektakulärer Abstürze hinnehmen.
Hier rächte sich, dass die Bundesregierung die F-104G „Starfighter“ praktisch vom Reißbrett weg bestellt hatte und sich eher von industriepolitischen Erwägungen hatte leiten lassen. Mit dem Lizenzbau des „Starfighters“ in Deutschland erhofften sich die Verantwortlichen technologischen Anschluss an die US-amerikanischen Standards. Hinzu kam die Forderung nach einem Mehrzweck-Kampfflugzeug, das gleichermaßen als Jäger, Jagdbomber und Aufklärer dienen sollte. Allerdings waren Bodenorganisation, Wartung und Instandhaltung sowie die Ausbildung von Piloten und Bodenpersonal nur unzureichend auf ein derart komplexes Flugzeug wie die F-104G vorbereitet. Auf vielen Fliegerhorsten fehlte zudem Hallenraum zum Unterstellen und für Werkstätten, sodass die „Starfighter“ bei jedem Wetter draußen standen und oft auch auf dem Vorfeld gewartet und repariert werden mussten.
Das Waffensystem F-104G „Starfighter“
Die F-104G gehörte zu den ersten Kampfflugzeugen, die als Waffensystem entwickelt und gebaut wurden – also inklusive Radar und Avionik. Der „Starfighter“ war zudem das erste Kampfflugzeug der Bundeswehr mit weitreichendem Radar, kombiniertem Feuerleit- und Navigationsrechner, Trägheitsnavigation und anderen technischen Neuerungen.
In den ersten Jahren war die Bundeswehr mit dem „Starfighter“ schlicht überfordert. Die „Starfighter“-Krise mit insgesamt 116 toten Piloten und 269 Abstürzen war die Folge. Erst als Luftwaffe und Marineflieger Ende der Sechziger Jahre Wartung und Instandhaltung grundlegend reorganisiert hatten, änderte sich die Situation. Aus dem „Witwenmacher“ und „Erdnagel“ wurde ein zuverlässiges Kampfflugzeug. Allerdings war die Luftwaffe mit der F-104G als Jäger und Aufklärer nie ganz zufrieden und ersetzte sie in beiden Rollen durch die „Phantom II“.
Die Marineflieger erhielten 168 Maschinen. Sie nutzten die F-104 als echtes Mehrzweckflugzeug und behielten auch die Aufklärerversion, die RF-104G, viel länger in Dienst als die Luftwaffe. Die 1. Staffel des MFG 2 flog bis zur Außerdienststellung der RF-104G unter dem Codenamen „Eastern Express“ Aufklärung in der östlichen Ostsee, um die Aktivitäten der sowjetischen und polnischen Marinen zu überwachen. Die Marine-“Starfighter“ konnten zudem Lenkwaffen tragen, erst die französischen AS.20 und AS.30, ab 1977 dann die deutsche „Kormoran“, die ihr Ziel autonom ansteuerte. Auch die Aufklärer konnten Lenkwaffen tragen. Drei Jahre lang flogen beim MFG 2 zwei in den Landesfarben von Schleswig-Holstein markierte F-104G als Kunstflugteam „The Vikings“. 1986 stellten die Marineflieger ihre letzten „Starfighter“ außer Dienst. Nachdem zunächst das MFG 1 auf den „Tornado“ umgerüstet hatte, folgte nun das MFG 2.
Die F-104G im Modell heute
Das aktuelle Angebot an F-104G-Bausätzen ist gut. Die älteren Bausätze von Airfix, Heller, Matchbox und Hasegawa sind vom Markt verschwunden. Aber die Klassiker von Esci haben sich gut gehalten. Sie sind heute bei Italeri im Programm – die F-104A/C als Italeri Nr. 1359, die F-104G/S als Italeri Nr. 1296. Die F-104A/C bekommt man auch von Revell als Nr. 04302. Hasegawa hat schon vor vielen Jahren in neue Formen investiert und hat heute exzellente Bausätze sowohl von der G als auch der italienischen S wie auch des zweisitzigen Trainers TF-104 im Angebot. Der Revell-Bausatz der F-104G ist leider momentan nur in der Sonderpackung „60 Jahre Luftwaffe“ erhältlich. Die Bündener Firma brachte auch eine TF-104G heraus, die im Moment aber nur über Ebay zu bekommen ist. Vor der F-104G von Academy kann man nur warnen. Der Bausatz steckt voller Fehler. Der peinlichste davon ist die komplett verkehrte Kanzel.
Markierungen für Marine-“Starfighter“ finden sich bei Hahen. Der Decalhersteller bietet das Set 72067 für Einsatzmaschinen und das Set 72059 zur Darstellung der „Vikings“ des MFG 2. Der sehr umfangreiche Decalsatz ASD 7216 von Daco erlaubt auch den Bau von Marine-F-104G im frühen Finish der 60er Jahre. Damals waren die Jets der Marineflieger im selben Tarnschema wie die Luftwaffenmaschinen geflogen. Das bekanntere Schema in Basaltgrau und Silbergrau folgte erst später.
Da ich Revell-Farben schon länger nicht mehr nutze, würde ich folgende Farbkombinationen vorschlagen:
1. Variante:
- Oberseiten: Humbrol 79 Matt Blaugrau
- Unterseiten: Revell 99 Aluminium</li>
- Leuchtorange Bänder um die Tanks: Humbrol 192 Leuchtorange matt
2. Variante:
- Oberseite: Xtracolor X254 RAL 7012 Basaltgrau
- Unterseite: Xtracolor X255 RAL 7001 Silbergrau
- Leuchtorange Bänder um die Tanks: Xtracolor X253 RAL 2005 Leuchtorange
Und: Alle F-104-Bausätze und Zubehör in 1/72 auf Scalemates
Bildnachweis: © Friedrich List
1 Kommentar
Hallo Herr List,
zufällig bin ich soeben – weil ich marine starfighter googgelte – auf Ihre Seite gestoßen und habe sie mit sehr großem Interesse gelesen. Worüber ich mich gerne mit Ihnen unterhalten würde: Meinen Eigenbau eines MARINE-Starfighters, Maßstab 1 : 16, werde ich in Kürze lackieren. Die Decals hat mir Harald Hensel gefertigt.
Frage: Würden Sie mir am Telefon einige Fragen beantworten, obwohl ich auf Ihrer Seite bereits einiges erfahren habe? Bisher habe ich mit HUMBROL gearbeitet. Ein REVELL-Mitarbeiter schlug mir vor: Alle Farben glänzend auftragen, darauf die Decals, abschließend Seidenmatt-Klarlack.
Auf eine positive Antwort von Ihnen würde ich mich sehr freuen.
Frohe Festtage und alles Gute im kommenden neuen Jahr wünscht Ihnen
Udo Knirr
Goethestraße 14, 26919 Brake
Tel. 04401 / 72680 (AB), mobil 0171 52 72 978
(keine Webseite)