Bremen und Wilhelmshaven waren durch ihre Industrie und aufgrund des Liegeplatzes der deutschen Flotte häufiges Ziel von alliierten Luftangriffen. Das ist auch der Grund, warum sich bei Bremerhaven etliche Flakbatterien ein Stelldichein gaben. Der „Alte Flakleitstand“, der das Militärhistorische Museum Nordenham beherbergt, hat da so einiges an Schaustücken als Treibgut aus dem Mahlstrom der Zeit zu bieten.
Was das Militärhistorisches Museum Nordenham zu bieten hat
Eines vorweg: die Bilder können durch Anklicken vergrößert werden.
Schon an der Einfahrt wird man begrüßt: Zur Linken winkt eine Splitterschutzzelle herein. Ihr zur Seite liegen chillige Zeitgenossen: Seeminen aus dem zweiten Weltkrieg. Für uns historisch wie technisch interessierte Menschen ist dies ein Willkommensgruß und das Herz schlägt schneller. Wir fahren auf das Museumsgelände und stellen den Pkw gleich rechts auf dem Parkplatz ab. Der Eingang zum Museum befindet sich auf der Rückseite des turmhoch aufragenden Flakleitstands. Wir tapern dorthin.
Auf dem Weg zur Gebäuderückseite begegnen uns „Fundstücke“. Vieles, das dort vom Himmel fiel, fand seinen Weg hierher. Ganz offensichtlich schoss die deutsche Flak nicht sooo schlecht. Es setzten doch etliche alliierte Bomber unfreiwillig zur Landung an – oder hatten es noch eiliger.
Flugzeugmotoren, Propeller, recht handliche Bomben in verschiedenen Größen und allerlei Gerät aus alliierten Fliegern steht und liegt hinter dem Flakleitstand im Freien, zieht unsere Blicke auf sich. Auch ein Schuppen ist dort zu finden. Er beherbergt auch so einiges.
Natürlich sind wir neugierig. Wer hat derlei Dinge schon mal aus der Nähe gesehen? Mit der Hand berührt? Kalter Stahl – zum Töten geschaffen – liegt jetzt als weggeworfenes stumpfes Schwert und wieder aufgesammelt als Exponat hier im Militärhistorischen Museum Nordenham.
Viele der Exponate stammen von der Ausrüstung der hier stationierten Marine-Flak-Abteilung 264 in Grebswarden. Wer sich nicht im Detail mit der damaligen Technik befasst hat, dem wird sicher nicht bewusst sein, dass gerade die Flak damals bereits hochtechnisiert ausgestattet wurde. Da gab es Feuerleitsysteme mit Zielrechner.
Die Ortungs- und Feuerleitgeräte der schweren Flak sind natürlich mit heutigen Systemen nicht vergleichbar, führten jedoch zu einem ansehnlichen Gerätepark rund um die Geschütze. Ungeachtet der Technik gehörte hier im Flakleitstand die Observation des Himmels mit bloßem Auge zu den wichtigen Tätigkeiten. Dies ist hier dokumentiert und man kann den Beobachtungsstand auf dem Dach des Flakleitstands besteigen und besichtigen.
Die zahlreichen Nicht-Luftkrieg-bezogenen Stücke sind sicher von anderen Personen dem Museum gestiftet worden. Es muss sich herumgesprochen haben, dass man hier ein gutes Händchen für Aufbereitung, Aufbewahrung und Präsentation von wertvollen Exponaten hat. Und es gefiel mir sehr, hier sehr seltene Stücke vorzufinden, derer man andernorts nicht gewahr wird. Speziell im Sammlungsbereich der Ausstattung der verschiedenen Armeen hatte ich das Empfinden, dass die Sammlung „vollständig“ ist und höchst umfangreich einen Überblick ermöglicht. Schön, dass all das hier zusammengekommen ist.
Schwere Flakbatterien im Bereich Wilhelmshaven / Bremerhaven
Im Bereich Wilhelmshaven / Bremerhaven gab es etliche Flakbatterien. Auch ehemalige Küstenbatterien wurden damals zu Flakstellungen umgebaut. Dazu gibt es im Museum auch noch reichlich Fotos und Anschauungsmaterial. Die umgebauten Küstenbatterien haben natürlich mein besonderes Interesse gefunden. Als Flakstellung und auch in ihrem Ursprungszustand als Küstenbatterie. Artillerie ist ja schon ein wenig mein Ding.
Die beiden Karten geben einen guten Überblick darüber, welche schweren Flak-Batterien hier rund um Nordenham stationiert waren.
Die Sammlung
… befindet sich in den oberen Etagen. Steile Treppen verbinden das Erdgeschoss mit den oberen Etagen. Da wird sicher auch mal der eine oder andere die Treppe runtergefallen sein, wenn’s eilig war. Sowas von steil und hochstufig ist mir schon lange nicht mehr begegnet. Aber hier wurden beim Bau sicher keine Unfallverhütungsvorschriften einer Berufsgenossenschaft angewandt.
Modellbau im Museum
Tatsächlich kommt man hier auch als Modellbauer auf seine Kosten. Dort kann man in den Bereichen der Armeen noch mehr Gerät im Modell zu sehen bekommen: Umfangreich. Sehr schön gefertigt. Detailliert. Sehr schön präsentiert.
Für uns Acht-Acht-gewohnte Wargamer ist natürlich die leichte Feldkanone 96 n/A mit Kaliber 77mm als Flak ein Hingucker. Tja, so hat man im 1. Weltkrieg Flieger gejagt. Kein Vergleich zu später und heute…
Fliegerei und Flugabwehr zur Zeit des ersten Weltkriegs
Im Museum gibt es nicht nur die Flak im zweiten Weltkrieg. Die Sammlung führt auch in der Geschichte zurück und zeigt so manches Schmankerl. Sei es auf Fotos oder alten Plakaten. Die historischen Fotos ziehen den Betrachter in die damalige Zeit hinein. Und es macht Spaß, sich dort hineinziehen zu lassen. Man spürt den Wind, steht im Graben, wenn konzentriertes Gewehrfeuer den feindlichen Flieger abwehren soll. Riecht den Pulverdampf der Gewehrsalven.
Das Museum ist weit mehr als eine Dokumentation der Flugabwehr zur Zeit des 2. Weltkriegs. Wir haben uns hier drei Stunden aufgehalten. Es hätten aber auch drei Tage sein können. Will man den Exponaten die gebotene Aufmerksamkeit schenken, Details begutachten, die Gedanken schweifen lassen… das braucht Zeit. Auf jeden Fall mehr als auch die geduldigste Gattin und die verständnisvollste Enkeltochter aufbringen können… Nächstes Mal laden die beiden mich hier morgens ab und holen mich abends wieder. Auf das Letztere hoffe ich natürlich…!
Weiter…
… geht es nächste Woche. Das muss jetzt für heute reichen. Ich hoffe, ich habe euch die Zähne lang gemacht und ihr fahrt mal hoch ins Militärhistorische Museum Grebwarden bei Nordenham. Auf der Halbinsel Butjadingen gelegen, bietet es sich an, gleich ein paar Tage Nordsee-Urlaub dranzuhängen! Ein Abstecher nach Wilhelmshaven, Bremerhaven, Bremen und Hamburg ist dann aber Pflicht. Okay, bin Hafenfan. Ist nicht jeder.
Stay tuned!
Sturmi