Kevin lehnt sich entspannt zurück und lässt sein Schnellfeuergewehr auf den Boden sinken, wenngleich er es vorerst nicht aus der Hand legen wird. Das ist ja grade nochmal gut gegangen. Draußen in der Schlossgrabengasse hatte er zwei peitschende Schüsse fallen hören. Mit einem Sprung war er am offenen Fenster, beobachtete jedoch von hinter den Gardinen die auseinanderstiebenden Menschen auf der Straße. Einige rannten in die kleine Gasse, die zur Ziegelstraße führte. Anderen stand einfach nur die Panik ins Gesicht geschrieben.
Eine Patrouille der Bürgerwehr stand drüben vor dem Frühschobbe-Wasser-Häusje, beugte sich über eine Gestalt, die am Boden lag. Offenbar einer der ihren. Da fiel der zweite Schuss. Mitten in der Gruppe sackte ein bärtiger Bürgerwehrler zusammen. Kevin hatte einen solchen Vorfall schon vor zwei Wochen beobachtet. Während die Patrouillen der Bürgerwehr durch Offenbachs Straßen ziehen, um den Bürgern zumindest einen Hauch von Sicherheit vor den Terroristen zu geben, kommt es immer wieder zu plötzlichen Feuerüberfällen durch einzelne Terroristen. Sie tauchen auf, greifen an und sie tauchen wieder ab.
Niemand entdeckt sie und es macht sich Angst breit in Offenbachs Bevölkerung. Die Regierungstruppen setzen keinen Fuß mehr in die Stadt. Als im letzten Monat bei einem Überfall der Terroristen aus einem Hinterhalt drei Schützenpanzer der Regierungstruppen in Flammen aufgingen, hatte sich das Blatt zugunsten der Terroristen gewendet. Angst und Schrecken hatte sich danach in Kevins Nachbarschaft breit gemacht.
Der Schattenkopf
Aber vorhin, da hatte Kevin auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses eine Bewegung bemerkt. Hinter dem Schmuckgiebel des Jugendstilhauses nahm er einen dunklen Schatten war. Wenn Kevin jetzt darüber nachdenkt, dann ist ihm klar, dass es ein großer – und glücklicher – Zufall war. Der Schatten wuchs sich zu einem von schwarzen Stoff verhüllten Schattenkopf aus, dessen Augen ihre Blicke über den Schmuckgiebel hinab auf die Straße schickten. Es dauerte nur einen Sekundenbruchteil, bis ihm klar war, wen er dort drüben entdeckt hatte. Kevin bewegte sich langsam vom Vorhang und Fenster weg, hinter die Wand seines Appartments.
Er griff unter sein Bett und holte dort die Holzkiste hervor, in der Giulietta lag, seine Giulietta! Er hatte das M16 vor zweieinhalb Jahren im Frankfurter Norden erworben. Die Lage hatte sich zugespitzt. Er wollte einfach vorbereitet sein, wenn es soweit gekommen war, wie es kommen musste. Jetzt war es soweit. Er holte Giulietta hervor. Der Schaft glänzte ölig. Ja, er pflegte seine Giulietta gut. Jedes Mal, wenn er vom Übungsschießen mit Ulli Uzi aus dem Spessart nach Offenbach zurückkam, reinigte und ölte er seine Giulietta ausgiebig, damit sie ihn nicht im Stich lassen würde, wenn es soweit war. Jetzt konnte sie zeigen, was er ihr beigebracht hatte. Sie ist eine „A2“ mit dem 3-Schuss-Feuerstoßmodus. Ist gut so. So kann sie öfter ein Lächeln hinüberwerfen.
Meine Giulietta
Im Zimmer ist es dunkel. Kevin blickt wieder am Vorhang vorbei hinüber. Der Schattenkopf hat sich mittlerweile zu einer ganzen Figur ausgewachsen. Zwei Arme sind dran, ebenfalls in schwarz gehüllt. Die Hände tragen schwarze Handschuhe, halten etwas sehr unfriedliches, dessen Spitze nach unten gerichtet ist. Nach unten auf die Straße. Er kniet langsam nieder. Keine hastige Bewegung. Langsam hebt er seine Giulietta an, lässt ihr Gesicht in Richtung des Schattenkopfes zeigen. Er visiert den Schattenkopf an. Seine Finger gleiten sanft zum Abzug. Es ist ihm, als spürt er, wie sich seine Giulietta erhitzt. Offenbar bereitet sie sich darauf vor, dem Schattenkopf ein Lächeln zuzuwerfen.
Da! Plötzlich blickt der Schattenkopf zu Kevin herüber. Der Schattenkopf reisst die Arme hoch, doch da spürt er Giuliettas Kuss! Der Schattenkopf verharrt in der Bewegung, sackt zusammen und gleitet über den Schmuckgiebel immer tiefer, lässt fallen, was er hielt. Die Menschen auf der Straße schreien in Panik, blicken auf, laufen durcheinander. Der Schattenkopf schlägt mit einem dumpfen Schlag auf dem Pflaster auf.
Kevin lehnt sich entspannt zurück und lässt sein Schnellfeuergewehr auf den Boden sinken, wenngleich er es vorerst nicht aus der Hand legen wird. Das ist ja grade nochmal gut gegangen.
Offenbach im Jahre 2020
So oder so ähnlich hat sich Doncolor sein Szenario „Offenbach 2020“ vorgestellt. Die Bedrohung durch Terroristen wurde immer mehr und mündete schließlich in einen Bürgerkrieg. Endzeitstimmung! Auf den Straßen herrscht das Gesetz des Stärkeren. Die Bevölkerung musste sich bewaffnen um ihr Überleben zu sichern und hat sich in Banden organisiert.
Drei Gruppen kämpfen auf Offenbachs Straße um die Macht, um Straßen und Gassen.
- Terroristen
- Bürgerwehr „Äppler-Brigade“
- Regierungstruppen
Dieses Szenario setzt Doncolor in Szene. Mit einer Spielplatte, die örtlich etwa in der Gegend des Kaiserleikreisels disloziert ist, will er die Untergangsstimmung der letzten Tage Offenbachs einfangen. Wer seine Berlin ’45 Spielplatte kennt, der weiß auch, dass ihm das gelingen wird.
Da Playaz
Offenbach 2020 ist ein Skirmish Game im Maßstab 1:72. Klar. 20mm ist des Doncolors Domäne. Die Street Fighter hat er übrigens bei einer ganzen Reihe von Bausätzen rekrutiert.
Nicht alle Figuren lassen sich im Originalzustand verwenden. Hier wird es auch ein paar Umbauten geben.
Ulli Uzi: Schulterblick in der Garderobe
Doncolor arbeitet derzeit an den ersten Figuren und Ausrüstungsgegenständen. Es braucht einige Zeit, bis es gediehen ist, aber es wird. Heute hat er uns mal einen Schulterblick genehmigt. Hier ist er.
Wer erkennt Ulli Uzi, Bernd Bazooka, Nina Neanderthal und Chantal?
Sobald es etwas mehr Farbe gibt, geht es weiter.
Best
Sturmi
Bildnachweis: © alle Doncolor