Die Douglas „Invader“ hat mich immer schon fasziniert. Diese Faszination begann mit dem zwar völlig von Dampfkessel-Nieten überzogenen, aber immerhin silbernen Bausatz von Monogram. Etwas später kam dann auch das etwas bessere Airfix-Modell in meine Sandkasten-Luftwaffe. Natürlich wird man dann irgendwann so weit erwachsen, dass man sich die gebauten Modelle ins Regal stellt, Bücher voller haarsträubender Fliegergeschichten…sorry…Bücher über luftfahrthistorische Themen liest und sich intensiver mit dem Original beschäftigt.
Endlich ein Bausatz der „Counter Invader“
Manchmal stirbt dann der Nimbus eines Flugzeugs einen ruhmlosen Tod. Nicht so die Douglas A-26 „Invader“. Je mehr ich über dieses Flugzeug und seine wechselhafte Geschichte zu wissen bekam, desto größer wurde das Interesse, zumal es mit der B-26K „Counter Invader“ sogar eine modernisierte Version gab. Mit dem Rufzeichen „Nimrod“ flogen diese Maschinen Nachteinsätze über Vietnam. Als Italeri dann seine B-26K „Counter Invader“, Bausatz Nr. 1249 herausbrachte, konnte ich mich endlich ans Werk machen. Den alten Airfix-Bausatz von 1975 hätte ich mühselig umbauen müssen, während der Italeri-Bausatz von vornherein die für den Vietnam-Krieg modernisierte Version darstellt.
Zumindest zum größten Teil. Vorhanden sind die neuen Waffenstationen unter den Flügeln, die Tiptanks, zahlreiche, aber nicht alle äußeren Details, ein beachtliches Arsenal an Abwurfwaffen und die für die B-26K „Counter Invader“ typischen Propeller mit den breiten Blättern. Leider gehören die Räder im Bausatz zu einer A-26, während die „Counter Invader“ mit Rädern flog, die eigentlich für die Boeing KC-135 konzipiert waren. Das Bausatzcockpit gehört auch in eine A-26. Dagegen hatte die „Counter Invader“ Doppelsteuerung und ein anderes Instrumentenbrett.
Etwas Nacharbeit für die Vietnam-Version
Zum Glück kann man sich hier leicht helfen. Eine zweite Steuersäule und ein neues Instrumentenbrett fand ich in meiner Ersatzteilkiste. Die Räder sind aus dem „KC-135 Wheel Set“ Nr 72002 von True Details. Die Antennen und Geräteanbauten am hinteren Rumpf ergänzte ich nach Fotos. Außerdem ersetzte ich einen Teil der Außenlasten durch Bomben aus dem Hasegawa-Waffensatz Nr. X72-1. Die mehrrohrigen, silbernen SUU-14A-Splitterbomben-Werfer fertigte ich aus Evergreen-Plastik an. Die Positionsleuchten an den Tiptanks stammen aus dem Eduard-Set Nr. 7031 „Position lights and gun sights“.
Der Bau des Modells selbst macht keine Probleme. Mit kleinen Ergänzungen bekommt man ein gutes Modell einer B-26K „Counter Invader“. Wer den Bausatz ausgiebig nachdetaillieren möchte, kann das mit den Zurüstsätzen von CMK ohne Probleme tun. Im CMK-Programm finden sich ein neues Cockpit, neue Räder, Motorhauben und andere Details. Auch Eduard hat mehrere Ätzteilsätze im Programm.
Beim Anstrich und den Markierungen entschied ich mich für eine Maschine der 603rd Air Commando Squadron, die zwischen 1966 und 1969 von Thailand aus Nachteinsätze gegen den so genannten Ho Chi Minh-Pfad flog, mit dem Nordvietnam die Guerillas im Süden versorgte. Im Bausatz befinden sich außerdem Markierungen für Flugzeuge, mit denen sich der CIA 1962 am Bürgerkrieg im Kongo beteiligte.
Die Geschichte der B-26K „Counter Invader“
Die Douglas B-26K „Counter Invader“ war eine modernisierte Version der Douglas A-26 „Invader“ aus dem 2. Weltkrieg. Sie entstand Anfang der Sechziger Jahre als Reaktion auf die Erfordernisse der amerikanischen Intervention in Vietnam und von Guerillakriegen in anderen Teilen der Welt. Für diese Art Krieg waren Flugzeuge wie die „Invader“ besser geeignet als moderne Jets. Außerdem flog noch eine kleine Anzahl bei Einsatzverbänden, während viele andere in Depots standen. Ab 1961 flogen amerikanische „Invader“ Kampfeinsätze über Süd-Vietnam gegen die vom kommunistischen Nordvietnam unterstützten Vietcong. Dabei trugen sie südvietnamesische Markierungen. Mit dieser Operation „Farm Gate“ begann die US-Intervention in Vietnam.
Allerdings waren die überalterten Flugzeuge den Belastungen eines Kampfeinsatzes nicht mehr gewachsen. Es gab mehrere spektakuläre Abstürze, als Flügelholme wegen Materialermüdung brachen. Einer davon ereignete sich ausgerechnet bei einer Flugvorführung in den USA vor hohen Militärs und Politikern.
Also suchte die U.S. Air Force nach Wegen, die alten Mühlen wieder fit zu machen. 1962 erhielt On Mark, ein auf die Umrüstung von gebrauchten Militärmaschinen für zivile Zwecke spezialisiertes Unternehmen, den Auftrag, die betagten „Invader“ für den neuen Krieg tauglich zu machen. Die so entstehende „Counter Invader“ hatte stärkere Pratt & Whitney R-2800-103W-Sternmotoren von je 2500 PS, neue Propeller, Zusatztanks an den Flächenenden, eine verstärkte Tragflächenstruktur, einen neuen Rumpf und ein neues Heck, moderne Funkgeräte und Navigationshilfen sowie vier Waffenstationen unter jedem Flügel. Die MG-Drehtürme der Ursprungsversion wurden entfernt, ebenso die Flächenwaffen, aber die „Counter Invader“ behielt die acht schweren 12,7 mm-Brownings in der Rumpfnase. Außerdem erhielt sie eine Doppelsteuerung und Vorrichtungen zum Einbau von Kameras. Die Rumpfnase konnte bei Bedarf gegen eine Glaskanzel mit Platz für Kameras oder ein zusätzliches Besatzungsmitglied ausgetauscht werden. On Mark produzierte zwischen Januar 1963 und April 1965 insgesamt vierzig Maschinen. Außerdem rüstete das Unternehmen auch die „Invaders“ anderer Luftwaffen auf den gleichen Standard um.
Stellungskrieg aus der Luft – Die „Nimrods“ machen den Ho-Chi-Minh-Pfad unsicher
Die unmodifizierten „Invader“ wurden nun endgültig aus den Frontverbänden abgezogen. Stattdessen schickte die Air Force 1966 die 603rd Special Operations Squadron nach Thailand, die von dort aus den durch das vietnamesische Hochland verlaufenden Ho-Chi-Minh-Pfad unterbrechen sollten. Die 603rd verfügte ständig über 20 Maschinen, die Koreakrieg primär Nachtangriffe flogen. Weil der thailändischen Regierung die Bezeichnung „B“ wie „Bomber“ politisch unbequem war, gab man den Flugzeugen wieder die frühere Bezeichnung „A-26“. Weil sie bei Nacht flogen, nutzten die Besatzungen das Rufzeichen „Nimrod“. Nachdem im Dezember 1967 aus der 603rd die 609th geworden war, blieb die Einheit bis Dezember 1969 in Thailand.
Die Maschinen bombardierten Ziele wie Flak-Stellungen, Brücken, Lkw-Konvois, Flusskähne, Depots und Lagerplätze und sogar Lastkarawanen im gebirgigen Dschungel. Aber obwohl die US-Luftwaffe nicht nur die „Counter Invaders“, sondern eine ganze Armada spezialisierter Kampfflugzeuge gegen den Ho-Chi-Min-Pfad einsetzte, konnte sie den Nachschub für die Vietcong nie unterbrechen. Die Nordvietnamesen ersetzten stoisch ihre Verluste, schickten neue Konvois, neue Soldaten und Flakgeschütze und bauten die Brücken wieder auf.
1969 holte dann auch die „Counter Invader“ ihr Alter ein. Zum Ende des Jahres zog man sie zurück. Von vierzig gebauten „Counter Invaders“ waren zwanzig über Vietnam abgeschossen worden. Die 609th SOS hatte 7.159 Missionen geflogen und dabei 4.268 Lastwagen zerstört. Die Aufgaben der „Counter Invaders“ hatten modernere Flugzeuge übernommen, die den Stellungskrieg aus der Luft weiterführten, bis die USA ihr Engagement in Indochina beendeten.
Zurück in den USA, dienten die Flugzeuge noch einige Zeit bei der Nationalgarde und in zweitrangigen Rollen. 1972 ging das letzte Flugzeug außer Dienst.
Das Grundmuster: Douglas A-26 „Invader“
Die Douglas A-26 „Invader“ war als Nachfolger des leichten Bombers Douglas A-20 entworfen worden und flog am 10. Juli 1942 erstmals. Im August 1943 kamen die ersten Flugzeuge zur Truppe. Die A-26B verfügte über sechs bis acht schwere MGs in der Rumpfnase, die A-26C hatte stattdessen eine verglaste Nase für den Bombenschützen. Die ersten Kampfeinsätze flogen „Invaders“ der 3. Bombergruppe im Südwestpazifik am 23. Juni 1944. Im September 1944 erschien das Flugzeug auch auf dem europäischen Kriegsschauplatz. Allerdings bemängelten viele Besatzungen anfangs die schlechte Sicht aus dem Cockpit im Vergleich zum Vorgänger. Bis Januar 1946 produzierte Douglas 2.452 Maschinen. Nach dem 2. Weltkrieg behielt die amerikanische Luftwaffe das Flugzeug in Dienst und setzte es während des Koreakrieges ein. Die Typenbezeichnung war 1947 von A-26 in B-26 geändert worden.
Nach dem Koreakrieg sank die Zahl der „Invader“ in den Kampfverbänden schnell. Aus den Bombern und Aufklärern wurden Kurierflugzeuge, Bedarfstransporter oder Zielschlepper. Die U.S. Air Force gab viele Maschinen an die Nationalgarde und an verbündete Luftwaffen ab. Andere wurden an zivile Halter verkauft und zu Geschäftsreiseflugzeugen, für Vermessungsflüge und Feuerlöscheinsätze umgebaut. Eine kleine Zahl diente weiter als Kampfflugzeug in der Guerillabekämpfung, speziell in Südostasien. Anfang 1963 verfügte die U. S. Air Force noch über 25 „Invader“ verschiedener Versionen, was sich durch die On Mark-Umbauten schnell änderte.
Außerdem nutzte der CIA das Flugzeug bei verdeckten Operationen, etwa beim fehlgeschlagenen Versuch, Castro zu stürzen, beim ebenso vergeblichen Versuch, die gewählte Regierung in Indonesien zu stürzen, oder bei der Intervention in den kongolesischen Bürgerkrieg Anfang der 60er Jahre. Nachdem bereits die französische Luftwaffe „Invaders“ über Indochina eingesetzt hatte, trafen Anfang 1960 amerikanische B-26 zunächst in Thailand ein, wo sie unter der Ägide des CIA in den beginnenden Bürgerkrieg in Laos eingriffen. Ab 1961 operierten die Maschinen dann im Rahmen von „Farm Gate“ über Süd-Vietnam.
Während die U.S. Air Force nach dem Vietnam-Krieg ihre „Invaders“ zügig außer Dienst stellte, blieben gerade die von On Mark nachgerüsteten Maschinen bei anderen Luftwaffen die gesamten Siebziger Jahre hindurch in Dienst. Länder wie Portugal kaufen sogar „Invaders“ auf dem internationalen Markt, um sie in ihren damals noch vorhandenen Kolonien einzusetzen. Gerade lateinamerikanische Staaten nutzten ihre Maschinen noch recht lange, am längsten Kolumbien, das seine letzte A-26 1980 zurückzog.
Bildnachweis: © alle Jürgen Petersen